Fuerte - Windreich für ganze Männer

Die einen schwören auf Dahab, die anderen auf Makkum oder Gardasee. Also, ich meine: zum richtigen Surfen gibt's nur ein Revier. Fuerte! Weil ich da Wind hab - und was für welchen!
Schon der Name zergeht auf Surfer's Zunge - F u e r t e v e n t u r a !

Aber der Reihe nach. Wann und wohin fahre ich? Die beste Zeit für fast 100%ige Windausbeute ist Mai bis Mitte September. Da gibt's den besten Passatwind. Aber Achtung: Nicht überall. Natürlich ist er oben im Norden, in Corralejo, bei Oliva Beach oder Tres Islas einiges schwächer. Den stärksten Wind findest du an der Costa Calma und zwar an den beiden Surf-Centern von Rene Egli. Einmal am Center I, der Hauptstation beim Hotel Los Gorriones am Worldcup Strand. Zum anderen an der Lagune mit dem kleineren Surf-Center II, ebenfalls von Egli.

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Die Lagune direkt vor dem Center II

In jedem Fall bläst der Wind schräg ablandig! Und während der Wind am Worldcup Strand über den 250 Meter breiten Sandstrand fegt und relativ konstant auf's Wasser kommt, ist er in der Lagune um einiges böiger. Warum ist das so? Die Lagune ist wie ein Haff. Die vorgelagerte Sandbank bildet eine richtige supergroße Badewanne - halb so groß wie unser See - die bei Flut gut einen Meter mit wärmsten Wasser voll läuft. Bei Ebbe bleibt nicht mehr viel davon übrig. Aber der Vorteil ist, Anfänger und spielende Kinder sind da gut aufgehoben. Es kann ja nichts passieren. Nur weil alles dicht unter Land liegt, kommt der Wind hier etwas hakiger.

Mich zieht's immer zur Lagune. Warum? Das Center ist zwar etwas kleiner und man hat nicht so die Auswahl an Boards und Segeln. Ist aber dafür irgendwie übersichtlicher. Man lernt eher andere Surfer kennen, die Familie hat eine nette, recht rustikale Strandkneipe im Rücken und vor allem tolle Möglichkeiten zum Faulenzen, zu einer Wanderung in die Dünen oder eben zum Planschen in der Lagune.

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Windgeschützte palmenbestrandete Oase

Noch was, die zwei Surf-Center von Egli sind ein Genuss. Im Hauptcenter stehen die F2s und Polakows zu Dutzenden in Reih und Glied. Weit über 100 Boards warten hier auf dich. Und dazu gut und gerne 300 Neil Prydes sortiert nach jeder Größe. In der Lagune ist die Auswahl um die Hälfte kleiner. Da heißt es immer rechtzeitig da sein. So bis 11.00 Uhr gibt's noch volle Auswahl. Danach kommen auch die längsten Langschläfer und wollen was ab.

Und jetzt zum Wind. Klar, du surfst als Crack nicht in der Lagune - sondern draußen bei oft 7 und 8 Windstärken. Beim Stationsleiter informieren, zwei Blicke auf den Windmesser werfen und lieber eine Nummer kleiner wählen, denn ab Mittag wird's noch einen Zahn zulegen.

Kurz vor Vollmond läuft meist eine kleinere, saubere Welle (ca. 1 Meter) an der Sandbank. Für die ersten Versuche zum Springen, Wellenreiten, Wellenüberqueren, ist das ideal. Könner ziehen schon mal einen "Backside turn". Aber bringt auf jeden Fall gute Kondition mit. Der starke Wind "is nix für Weichspüler". Im Hochsommer reicht übrigens Shorty oder Lycrahemdchen und nicht vergessen - nehmt eure Trapeztampen mit, und zwar die zum schnellen Wechseln. Sind an den Segeln nicht dran und kosten vor Ort gut Geld.

Selbstverständlich werden die Reviere überwacht. Ein Lifeguard - nein, nicht Pamela - ist immer im Beobachtungsturm zu finden. Und Rettungsboote liegen sofort einsatzbereit am Strand.

Noch ein Wort zur Strandkneipe an der Lagune. Zum ersten, die Lagune ist ein Naturschutzgebiet. Urlauber, Autos und Surfer müssen über Nacht vom Strand. Die Kneipe zudem nur eine große Bude aus Maschendrahtzaun und Schilfmatten, das Dach nichts anderes. Also keinen Komfort oder tolle sanitäre Einrichtungen erwarten. Dafür gibt es exzellente einheimische Kleinigkeiten. Siedend heiße Gambas in Öl mit viel Knoblauch und den kleinen extrascharfen roten Peperoni; Muscheln im würzigem Knoblauchsud; kleine Kartoffeln, die mit Schale gegessen werden und mit mojo picon - einer gut scharfen Soße; Queso blanco, ein Ziegenkäse - sehr delikat und genau das Richtige bei der Hitze; aber auch Fisch, Hamburger und Pommes. Und man höre und staune, es wird auch ein sogenanntes "Bicycleta" ein "richtiges Radlerbier" serviert. Sehr zu empfehlen nach dem ganzen Salzwasser. Und wer bei Egli bucht, bekommt zum Sonnen und Relaxen seine Liege kostenlos von der Kneipe.

Fuerte3 Doch zurück zum Wasser. Je nach Windrichtung kannst Du gut und gerne von 800 Meter bis zu 4 Kilometer am Strand nach Luv surfen. Zurück donnerst Du die Strecke dann raumschots und mit der Welle! Dichtholen, Speedhaltung und vor Glück einen Schrei loslassen! In starken Böen bekommst du vor deiner eigenen Geschwindigkeit richtiggehend Angst. Dazu ist das Wasser strahlend hellblau und vermittelt immer das Gefühl: "Du bist im sicheren Bereich". Wer weiter raus will; wie mit dem Lineal gezogen kommt dunkelblaues tiefes Wasser. Eindeutig das Signal, jetzt zu halsen oder über die höheren Dünungswellen mit den Sprüngen loszulegen. Je nach Saison schließt die Station 17.30 Uhr, die Kneipe 18.00 Uhr und es geht nach Hause.

Und wo wohnst du am besten? Ob mit Family, Friends, Lady oder solo - es gibt nur eines: Nie in das Hotel Los Gorriones gehen - ein schlimmer Bunker, wo nichts los ist. Nur der Poolbereich ist echt supergut. Such dir einfach was an der Costa Calma. Vom Club, bis zum Appartement. Vom 7-Sterne - falsch, das ist ja der Metaxa - also vom ***** Hotel bis zum günstigen ** Bungalow wird dir Einiges geboten. Informiere dich aber über die Lage! Von direkter Strandnähe bis zu 1 km vom Strand entfernt, ist alles vertreten. Und an der Costa Calma fängt dieser tolle Strand an, über den du 20 km weit nach Süden bis Jandia laufen kannst. Apropos Jandia - zu weit weg und kein Wind! Ausnahme Club Aldiana, geht gerade noch.

Und was ist los an der Costa Calma? Zum einem hat jedes größere Hotel abends seine eigenen Shows - recht gute sogar und nicht nur Bingo. Einfach reingehen - gibt keine Probleme. Auch die Hotelbars sind zu empfehlen: Lifebands, nette Leute, gute Drinks - verlangt mal den "Capitano Morgan". Das ist 2/3 dunkler Rum und 1/3 Cola, das haut dich nach der 4ten Lage aus dem Neopren und mitten in die Arme der anwesenden Strandschönheiten. Die Damen könnten inzwischen einen "cuarenta y dos con leche", - einen 42er mit Milch - probieren und warten was passiert. Für die richtigen Nachtschwärmer empfehle ich das "Viva la noche" und "bmp". Eigentlich ist es das gleiche Lokal, das eine ist das Atrium, das andere der Keller. Am Kreisel "Canada del rio" 100 Meter landeinwärts halten. Jeden Tag ab 23.00 Uhr gut was los. Im (Betonung liegt auf "im") Sotavento Beach Club gibt es die Disco "Eastside", auch da kann jeder rein. Ist aber nur Donnerstags richtig gut, weil dann viele Einheimische hingehen. Oder ihr fahrt nach Morro Jable ins "Stella" oder "Angels". Je nach Jahreszeit ist entweder das eine oder andere gerade "in". Gegenüber vom alten Robinson-Club in Morro Jable steht so ein hässliches Shopping-Center. Geht hier mal in den ersten Stock. Eine super Bar - der Fußboden voll mit Sand, heiße Girlies bedienen und fragen was du willst, obervoll und immer gute Stimmung. An der Costa Calma ist noch oberhalb an der Straße das Fuerte Action Center - inklusive Surferkneipe mit guten Drinks, Surffilmen und einer Terrasse nach Westen für die letzten Sonnenstrahlen des Tages.

Fuerte4 Noch was zum Surf-Center von Rene Egli. Buchen könnt ihr z.B. über Miros Surf Shop Looping (Anzeige im Heft) oder direkt über Tel. 0034 928 547483 (oft ist Doris am Telefon - kommt aus Deutschland; die Jungs in den Stationen meistens ebenso, oder gleich aus Österreich), per Fax unter 0034 928 547388 oder www.rene-egli.com. Wichtig: wenn ihr vor Ort seid, als erstes in Eglis Shop/Büro - von außen rechts runter in das Souterrain des Los Gorriones - gehen und dort melden. Sagt auch gleich bei Buchung und spätestens im Shop welches Brett ihr, und vor allem wohin ihr das Material wollt. Worldcup Strand (Center I) oder Lagune (Center II). Es wird dort hingebracht. Noch was, schließt nur mit Versicherung ab. Durch den starken Wind knallt schon mal der Gabelbaum ordentlich aufs Board oder ihr in's Segel. Es ist jeden Tag wenigstens einer dabei, der sein Material schreddert. Dazu auf die Tieden aufpassen. Wo ihr bei Flut noch gut über Sandbänke gekommen seid, bei Ebbe hast du nur noch 20 cm Wasser übrig und einen perfekten Schleudersturz mit der 26er Finne. Eigenes Equipment könnt ihr in den Stationen gegen Gebühr einlagern. Auch bietet Egli einen Shuttle-Bus, der zweimal täglich von Costa Calma aus die Center I und II anfährt und euch abends zurückbringt. Achtung, der Worldcup Strand mit dem Los Gorriones und Center I ist ca. 4 km von der Costa Calma entfernt, die Lagune mit Center II weitere 5 km Luftlinie. Also im Hotel nach dem Shuttle erkundigen oder Leihwagen (z.B. Kia 250 Mark die Woche) buchen. Falls Ihr an die Lagune wollt (Ausfahrt Risco del Paso) - keinen Jeep nehmen! Da müsst ihr 2 km über übelste Strecke und kommt mit Staublunge und Augenreizung zurück.

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Die wilde Westküste

Tja, ansonsten macht mal einen Badeausflug an die Westküste. Aber Vorsicht, in La Pared oder Cofete rollen an guten Tagen 3 Meter-Brecher an den Strand! Und mit einer Strömung, die sich gewaschen hat! Lieber den Wellenreitern zusehen. Reist zu den Meereshöhlen (Caleta Negra - sehr sehenswert) bei Ajuy oder ins Tal der 1000 Palmen (Vega Rio Palmas) - dummerweise stehen nur noch 100 Stück. Schaut euch den zerklüfteten Norden an. Fahrt Richtung Süden nach Morro Jable zum Mittagessen in den alten Hafen. Und geht in das schäbigste Restaurant gleich an der Hafenmauer - dort habe ich den besten Fisch gegessen. Oder sagt der Doris, morgen surfe ich nicht, dafür will ich mir gratis die Mountain-Bikes ausleihen und cruise die 5 km nach La Pared.

Also wie wär's mit Fuerte? Vielleicht sehn wir uns ja mal an der Lagune. Lassen es beim Surfen und Capitano Morgan krachen, oder lächeln schon mal den Damen mit dem "42er con leche" zu.

Harry Winkelmair

Fotos: Prospekt PRO CENTER Rene Egli Fuerteventura 2000